Erste Begegnung mit den Waldweiden in Siebenbürgen (Rumänien) und ihren Bewirtschaftern

Vom 24. April bis zum 2. Mai besuchte die Koordinierungsgruppe des Projekts Siebenbürgische Hutewälder vom IfaS aus Deutschland zum ersten Mal Rumänien, um die rumänischen Partner von der Babes-Bolyai-Universität (BBU) zu treffen. Ziel des Besuchs war es, sich mit den Waldweiden vertraut zu machen und sich mit den Vertretern der lokalen Gemeinden auszutauschen, die in den Hutewäldern soziale, kulturelle, wirtschaftliche und naturschutzfachliche Chancen sehen und eine ganzheitliche Sichtweise für deren Nachhaltigkeit haben. Der Zustand der Waldweiden wird in den folgenden Monaten auf drei Ebenen analysiert: ökologisch, kulturell und sozioökonomisch. Dies soll durch Feldarbeit (Bewertung der Hutewälder, Sozialforschung), Gespräche mit den Nutzern dieser Systeme, Luftaufnahmen und Fotos erreicht werden. Hier geben wir einen kurzen Einblick in die Aktivitäten auf unserer 7-tägigen Reise. Da Siebenbürgen (Transsylvanien) reich an biokulturellen Regionen ist, die wir alle einmal besuchen möchten, haben wir für diese Reise die historische sächsische Region aus drei Gründen ausgewählt: Erstens ist diese Region die reichste an einzigartigen alten Waldweiden in Mittel- und Osteuropa. Zweitens ist diese biokulturelle Region aus ökologischer und soziokultureller Sicht, durch die Arbeit unseres Projektmitglieds Tibor Hartel (BBU, Fakultät für Umweltwissenschaften und Ingenieurwesen), gut untersucht. Drittens haben die rumänischen Partner dieses Projekts über ein Jahrzehnt lang vertrauensvolle Beziehungen zu den Mitgliedern der lokalen Gemeinschaften aufgebaut, indem sie mehrere formelle und informelle Projekte gemeinsam durchgeführt haben.

Am ersten Tag wurden der Hutewald „die Breite“ und die Waldweide von Apold, in der Nähe von Schässburg (Sighisoara) im Kreis Mures, besucht. Hier lieferten die einst gut erhaltenen Bäume nicht nur Holz, sondern fixierten und sicherten auch den Hang. Heute haben sie einen außergewöhnlichen natürlichen, kulturellen und historischen Wert. „Die Breite“ ist nicht nur als historischer Hutewald außergewöhnlich kostbar, sondern spielt auch im Naturschutz des postkommunistischen Rumäniens eine wichtige Rolle. Sowohl in „der Breite“ als auch in der Waldweide von Apold erfreuten wir uns an den alten, kulturell modifizierten Bäumen – Hainbuchen-Niederwälder und Kopfweiden -, die ein einzigartiges Erbe der früheren Bewirtschaftung darstellen und zusätzlich einen außergewöhnlichen biologischen und ökologischen Wert besitzen.

Den zweiten Tag verbrachten wir auf dem Hutewald von Mociar in Gurghiu, wo einige lokale Kleinerzeuger ihre Tätigkeit ausüben und die Einheimischen, aber auch die Urlaubsgäste mit ihren Ferienhäusern in enger Beziehung zu dieser Waldweide leben. Der ungarische Name von Mociar ist Mocsár, was so viel wie sumpfiges oder feuchtes Gebiet bedeutet. Und in der Tat ist der gesamte Bereich von Feuchtgebieten mit vielen Amphibiengemeinschaften durchzogen.

In den folgenden Tagen besuchten wir die Waldweiden von Rupea, Corund, Saschiz und Viscri (Deutsch-Weißkirch) – ein kleiner Ort mit einem außergewöhnlichem kulturellen und touristischen Wert, in dem die Menschen noch immer die alten Methoden der Beweidung praktizieren und einen aktiven Viehzuchtverband aufrecht erhalten. Der Tag in Viscri war spannend, da wir sowohl die erst kürzlich eingeführte moderne mechanisierte Landwirtschaft (abgestorbenen Bäumen, Sträucher wurden entfernt, der Boden nivelliert und ohne Ameisenhaufen) als auch die traditionelle Bewirtschaftung der Waldweiden, erlebten. Interessanterweise sind beide Bewirtschaftungsformen (Intensivierung und naturverträgliche Bewirtschaftung) im Rahmen der GAP-Vorschriften möglich. So wird die Bedeutung lokaler Bestrebungen, Visionen, Absichten, Kenntnisse und Machtverhältnisse hervorgehoben, da diese somit die Bewirtschaftung und den Zustand der Waldweiden beeinflussen und gestalten.

Am vorletzten Tag hatte die Gruppe aus Deutschland die Gelegenheit, einen jungen und enthusiastischen Menschen aus dem Gebiet des Hutewaldes von Mercheasa kennenzulernen, der bereits mehrere Freizeitaktivitäten für die örtliche Gemeinschaft und die Touristen veranstaltet hat. So kann man auf dem Gelände dieser Waldweide bei einer Tour mit dem E-Bike die grasenden Wasserbüffel beobachten oder die älteste Eiche Rumäniens, auch „die alte Karpate“ genannt, entdecken. Ebenfalls werden hier Konzerte und traditionelle Feste abgehalten. Das Besondere an Mercheasa ist, dass sich an der Ostseite eine der größten bekannten historischen Waldweiden Rumäniens befindet.

Am letzten Tag lernten wir die Projektleiterin von „Muzeu SilviCultural“ kennen und begleiteten sie auf dem Hutewald nahe Saschiz bei einer ihrer pädagogischen Aktivitäten für Kinder aus der Region.

Es war eine fantastische Erfahrung dank der enthusiastischen Menschen, die echtes Engagement und Innovation für die Erhaltung des multifunktionalen Charakters der historischen Hutewaldsysteme zeigten. Neben anderen Dingen machen diese Waldweiden Rumänien einzigartig. Und wenn sie auch für künftige Generationen erhalten bleiben, dann dank der aktuellen Initiativen, die durch guten Willen und Innovation andere inspirieren.

Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmern für ihre lehrreichen Beiträge und Geschichten, bei den lokalen Gemeinden für ihre Zusammenarbeit sowie bei unseren rumänischen Gastgebern für ihre außerordentliche Gastfreundschaft und den wohlschmeckenden regionalen Spezialitäten.

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